CDU-Rückblick mit vielen Zweifeln
HOCHTAUNUS - "Bei der Basis löste Armin Laschet keine Euphorie aus"

Armin Laschet
Nachdem die CDU bei der Bundestagswahl mit deutlichen Verlusten ins Ziel kam, ist bei der Ursachenforschung nicht viel Mühe notwendig. Auf jeden Fall nicht, fragt man in diesem Tagen die CDU-Granden im Hochtaunuskreis.
Da wäre der Bundestagsabgeordnete Markus Koob - auch Kreisvorsitzender der CDU -, der seine Meinung nicht in buntes Papier packt: "Wir haben schon an den Wahlständen die Erfahrung gemacht, dass die Menschen weniger übers Programm als denn übers Personal reden wollten." Und im Mittelpunkt sei immer die von der Basis mehrheitlich kritisierte Entscheidung gestanden, Armin Laschet zum Kanzlerkandidaten zu machen. "Der Spitzenkandidat ist bei der Basis einfach nicht angekommen", resümiert Koob. Das könne jeder bestätigen, der an einem Wahlstand gestanden habe. Inhaltliche Debatten seien kaum zustande gekommen. "Und die CDU hat deutlich zu spät den Parteivorstand und den Kandidaten gekürt", sagte er.
Für Koob persönlich wäre der bayerische Ministerpräsident Markus Söder ein aussichtsreicher Kandidat gewesen - auf jeden Fall mit Blick auf die Wähler. Der bessere Kanzler wäre seiner Meinung nach aber Laschet. Eines sei allerdings klar: "Wenn die CDU eine Entscheidung getroffen hat, sollte die Basis diese auch tragen. Das haben wir versucht, konnten aber nicht alle Mitglieder überzeugen." Koob schließt sich auch der Meinung Laschets an, dass die Berliner Ampelkoalition noch nicht in trockenen Tüchern ist: "Ich sehe noch nicht, wie die inhaltlichen Gräben zwischen FDP und SPD überwunden werden können."
Der CDU-Fraktionschef im Kreistag, Gregor Sommer, ist mit seiner Ansicht auch nicht zurückhaltend. "Der seinerzeit durchgeführte Weg zur Vorsitzendenwahl war schlicht und ergreifend falsch. Die Basis von Hunderttausenden von Mitgliedern der CDU wurde nicht eingebunden und mitgenommen bei der Entscheidung über die Wahl des Vorsitzenden", kritisiert Sommer.
Bereits seinerzeit habe er sich öffentlich für Friedrich Merz ausgesprochen. "Und genauso ist die Wahl zum Kanzlerkandidaten an der gesamten Basis und auch der vielen Wähler von CDU und CSU vorbeigegangen. Hier war auch von ganz vielen Menschen zu hören: ,Das ist nicht unser Kanzlerkandidat.'" Nach der nun für CDU und CSU verlorenen Bundestagswahl müsse der Blick aber nach vorne gerichtet sein. "Es geht nun darum, neuen, frischen und vor allen Dingen jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich an vorderster Stelle in der Partei einzubringen und einen notwendigen Generationswechsel durchzuführen. Dies nicht mit Krach und gegenseitigen Vorwürfen, sondern kraftvoll in einem gemeinsamen und zukunftsorientierten Weg. Die CDU muss sich neu aufstellen - inhaltlich wie personell - und gemeinsam Strategien für die Zukunft entwickeln."
Nicht auf eine Person schieben
Der Usinger Fraktionschef Alexander Jackson unterstreicht diese Meinungen. "Wir haben schon bei der Kür des Kandidaten festgestellt, dass er bei den Mitgliedern keine Euphorie ausgelöst hat." Er selbst hätte sich Söder gewünscht. "Ich habe meine ernsten Zweifel, ob die damalige Entscheidung richtig war." Allerdings habe dann das anschließende Sperrfeuer der CSU auch nicht gerade der Sache gedient. Nun sei Arbeit angesagt, denn die CDU gehöre bei Bundestagswahlen weit über die 30-Prozent-Marke. "Und wir als CDU müssen ansprechbar bleiben, falls die jetzigen Koalitionsverhandlungen nicht erfolgreich verlaufen", so Jackson.
Landtagsabgeordneter sowie CDU-Kreistags-Fraktionsmitglied Holger Bellino ist diplomatischer. "Nachher sind wir alle schlauer, und das Ergebnis auf einen Mann herunterzubrechen, wäre nicht fair. Wir haben im Wahlkampf, wie alle Parteien, unter der Pandemie und den Einschränkungen gekämpft. Hätten wir mehr Regionalkongresse ansetzen können und die Kandidaten sich dort vorgestellt, wer weiß, was dann herausgekommen wäre." Zudem habe sich die CDU in den vergangenen zwei Jahren zu viel mit sich selbst beschäftigt. "Und die SPD war ausnahmsweise mit sich einig", so Bellino.
Was die Zukunft betrifft, geht er von der Ampelkoalition aus. "Aber wenn die Verhandlungen scheitern, muss die CDU bereitstehen. Wir haben derzeit keinen Regierungsanspruch. Dennoch wäre es bei einem Abbruch der Gespräche unsere Pflicht, in Verhandlungen zu gehen." Und man dürfe nicht vergessen, wie die Situation in Hessen damals war. "Noch vier Wochen vor der Koalition mit den Grünen habe ich die Partei selbst scharf angegriffen. Dann hat der Wähler bestimmt und die Verhältnisse neu gemischt - und herauskam seit damals eine erfolgreiche Zusammenarbeit."
Andreas Burger

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