Staatsratsvorsitzender war nie sein Ziel - Taunuszeitung vom 28.4.18, Frank Saltenberger

Holger Bellino ist seit 25 Jahren Vorsitzender des Gemeinde- und des Stadtparlaments

25 Jahre Primus inter pares, Wogenglätter und erster Bürger der Stadt: Holger Bellino blickt auf ein Vierteljahrhundert als Vorsitzender der Gemeindevertretung und jetzigen Stadtverordnetenversammlung Neu-Anspach zurück.

Kaum ein Name steht für mehr Kontinuität in der Kommunalpolitik als der des amtierenden Stadtverordnetenvorstehers Holger Bellino. Seit nunmehr 25 Jahren begleitet er das Amt des Ersten Bürgers der Stadt. "Do more of what makes you happy" (Tue mehr von dem, was dich glücklich macht) steht auf einem Schild in seiner Wohnung, in der er mit dieser Zeitung über seine Amtszeit sprach.

Wie der Spruch wohl auszulegen ist, darauf antwortet er nur mit einem Lächeln. Einerseits, andererseits konnte man herauslesen. Die politische Arbeit scheint ihm Spaß zumachen, keine Frage, andererseits hätte er sicher nichts gegen ein wenig mehr Freizeit. Das wird schnell klar, wenn er allein über die Präsenz an seinen unterschiedlichen Einsatzorten spricht: "Eine knappe Stunde von Wiesbaden nach Neu-Anspach, wenn man gut durchkommt", sagt Bellino, denn Landtagsabgeordneter ist er ja auch noch. Aber zu den Stadtverordnetenversammlungen schafft er es immer pünktlich. Nur selten musste er sich in seiner Amtszeit vertreten lassen.

Durch den Taunus

"Ich fahre aber auch oft quer durch den Taunus anstatt über die Autobahn, dann genieße ich schon die Landschaft", sagt er und wirkt schon bei der Aufzählung der Orte, die er dabei passiert, entspannt. Für Hobbys bleibt da wenig Zeit, aber dafür ist er Politiker mit Leib und Seele. "Geplant war das alles gar nicht", sagt er und denkt zurück: "Mit 18 Jahren habe ich angefangen, damals war ich der jüngste Gemeindevertreter Hessens." Das war 1977. Bereits mit 16 Jahren war der Usinger CWS-Schüler mit Uwe Kraft, heute Erster Beigeordneter im Hochtaunuskreis, in die Junge Union eingetreten und stand zwei Jahre später auf der Liste der CDU, Platz 13. Seitdem gehört er dem kommunalen Gremium an und hat sich in der Parlamentsarbeit engagiert. Unter anderem hat der gelernte Diplom-Kaufmann eine Zeit lang den Haupt- und Finanzausschuss geleitet.

1993 wurde er dann mit dem höchsten gemeindlichen parlamentarischen Amt betraut, das er inzwischen ein Vierteljahrhundert innehat. "Eine meiner ersten Amtshandlungen als Vorsitzender der Gemeindevertretung, ich glaube, es war sogar die allererste Sitzung, den damals kommissarischen Bürgermeister Rudi Rübsamen zu verabschieden und Gerd Hillen als Bürgermeister in sein Amt einzuführen", erinnert er sich. Seitdem hat er rund 200 Versammlungen geleitet.

Rede bei Senioren

Eine weitere frühe Aufgabe als frischgebackener Vorsitzender der Gemeindevertretung war der Besuch des Seniorennachmittags, wo er als solcher eine Rede zu halten hatte. "Ich habe es so bedauert, dass meine Oma das damals nicht mehr erlebt hat". Diese Stunde des Stolzes hätte er ihr allzu gern gegönnt.

Bellino hat auch Strapazen auf sich genommen, um sein Amt als Vorsitzender der Gemeindevertretung mit dem Beruf unter einen Hut zu bringen: "Ich bin beispielsweise um 4 Uhr losgefahren, um rechtzeitig wieder in Wolfsburg zu sein, wo ich damals tätig war."

"Innerhalb der Gemeindevertreter habe ich mich immer als Primus inter pares verstanden und versucht, das Amt mit einer gewissen parteipolitischen Neutralität auszuüben". Damit hat er sich den Respekt der Gemeindevertreter und späteren Stadtverordneten über die Parteigrenzen hinaus erarbeitet. "Aber ich habe auch immer großen Respekt vor den Politikern gehabt, die dieses Amt ja ehrenamtlich ausüben."

Er selbst sieht sich in seiner Funktion als Stadtverordnetenvorsteher als ein Mann des Ausgleichs. "Ich war immer bemüht, die Wogen zu glätten und zu vermitteln. Bei den Redezeiten war ich eher großzügig und Ordnungsrufe habe ich ganz, ganz selten erteilt." Die Vermittlerrolle spielt er auch in der Zusammenarbeit von Stadtverordnetenversammlung und Verwaltung, und: "Die Politik dem Bürger zu vermitteln, war mir auch immer wichtig", so Bellino. Deshalb habe er auch die vier Bürgerversammlungen jährlich, in jedem Stadtteil eine, eingeführt. "Ich gehe gerne unter die Leute", sagt er weiter, und die Grußworte, die er auf den unterschiedlichsten Veranstaltungen gesprochen hat, könne er gar nicht mehr zählen. "Ich nehme mir dafür Zeit und bereite mich immer vor." Zeit nimmt er sich auch noch für viele weitere Ämter und Funktionen, die das politische Mandat mit sich bringt, ob in der Landes- oder Kreispolitik und in der ehrenamtlichen Tätigkeit für das Deutsche Rote Kreuz.

"Do more of what makes you happy", der Spruch ziert unkommentiert sicher noch lange das Wohnzimmer des Stadtverordnetenvorstehers. Aber Spaß macht ihm dieses Amt auch nach 25 Jahren noch. Auch wegen der netten Anekdoten, die sich über die Jahre hinweg anhäufen. Ein "Schwank" ist ihm noch in bester Erinnerung: "Die damalige Vorsitzende des Gewerbevereins, Ilse Trenczek, hat mich in der Aufregung bei einer Eröffnung des Nikolausmarktes einmal ,Staatsratsvorsitzender' genannt", das Amt habe er aber zu keiner Zeit angestrebt.

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