Prominenter Besuch im Schlossgarten
Volker Bouffier knöpft sich Grüne und SPD vor und verteidigt die Meinungsfreiheit

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (Mitte) beantwortete ebenso wie Bundestagsabgeordneter Markus Koob die Fragen von Gastgeber Dr. Christoph Holzbach (links) zu verschiedenen Wahlkampfthemen. FOTOS: Seibt
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und CDU-Direktkandidat Markus Koob trafen im Usinger Schlossgarten auf AfD-Politiker und Personen, die wegen ihrer Äußerungen der Querdenker-Bewegung zugeordnet werden können - alle waren "im Dienst", nur in unterschiedlicher Mission. Der Usinger CDU-Stadtverband hatte Volker Bouffier und Markus Koob zu einem Austausch mit Bürgern eingeladen. Wer mochte, konnte eine Currywurst essen.
Keine einfache Gemengelage - das wurde mit Blick auf die bewaffneten Polizisten und Personenschützer auf dem CWS-Campus, wo sich sonst Schüler unbeschwert bewegen, klar, wobei der Ministerpräsident natürlich Letztere in der Öffentlichkeit immer um sich hat.
Zu den Gästen auf dem Gelände und hinter dem Zaun gehörten viele Kommunalpolitiker. Viele Fragen von einigen Teilnehmern, darunter AfD und Querdenker-Unterstützer, hatten ein Hauptthema: die Corona-Pandemie. "Ich hätte mit niemandem von den verantwortlichen Politikern im vergangenen Jahr tauschen wollen", sagte Moderator und Chef des Usinger Stadtverbandes, Dr. Christoph Holzbach, zu diesem Thema. Denn eine solche Pandemie habe es so noch nie gegeben. Dass Corona das über lange Zeit beherrschende Thema bei den Fragen an Koob und Volker war, mag den einen oder anderen Zuhörer angesichts anderer, ebenso wichtiger Themen für Deutschland ein wenig überrascht haben. Gleichwohl ließ Holzbach die kritischen Fragen ebenso lange zu.
Als es um den CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet ging, machten sowohl der Ministerpräsident als auch der Bundestagsabgeordnete gleich zu Beginn eines sehr deutlich: "Sie wählen nicht den Kanzler am 26. September, sondern sie wählen Parteien und den Bundestag."
Kritische Worte zum Klimaschutz
Das, so die Kritik Bouffiers am aktuellen Wahlkampf, werde bei allen Diskussionen und in den Medien offenbar gerne vergessen. Parteiprogramme spielen keine bis eine untergeordnete Rolle, gab er zu bedenken, und lenkte die Diskussion kurzzeitig in Richtung Klimaschutz. Der sei wichtig, "aber wir müssen ihn effizient betreiben, denn wenn die Menschen keine Arbeit mehr haben, wird ihnen Klimaschutz schnell egal", prophezeite Bouffier. Deshalb plädierte er für Klimaschutz, der darauf setzt, dass zum Beispiel Unternehmen eigenverantwortlich und aus eigenem Antrieb und Interesse handeln, anstatt sie mit Verboten zu belegen. Der "hippe Berliner ist eben nicht Christoph Holzbach", sagte Bouffier und spielte damit auf den Vergleich Stadt/Land an. Mobilität sei für den ländlichen Raum ein zentrales Thema, vor allem wenn der öffentliche Personennahverkehr nicht dem der Stadt entspreche. Da mit Einschränkungen zu arbeiten, halte die CDU für den falschen Weg.
Doch nicht nur die Grünen bekamen ihr Fett weg. Auch bei der SPD sparte der Ministerpräsident nicht mit Seitenhieben. "Ich kenne Olaf", sagte Bouffier in seiner betont unaufgeregten Art und gab zu bedenken, dass Olaf Scholz vor vier Jahren von 80 Prozent der eigenen Parteimitglieder nicht einmal als deren Frontmann gewollt wurde und nun als Kanzler vorgeschlagen werde. "Glauben Sie im Ernst, dass der sich durchsetzen kann gegen all diejenigen, die er im Schlepptau hat?" Mit der SPD gebe es eine Verschiebung nach links, das sollten die Wähler bedenken. Denn ein Bündnis werde dann auch mit den Linken geschlossen, die im hessischen Landtag "offen von Enteignung sprechen". Außenpolitik ist derzeit bundesweit ein heiß diskutiertes Thema, nachdem die Taliban nun auch die Hauptstadt Kabul eingenommen haben. Grund genug für den Bundestagsabgeordneten Koob, das Thema zumindest zu streifen. Jeder, der sich für die innere und äußere Sicherheit des Landes einsetze, dem gebühre großer Respekt, denn das seien die wahren Helden. Und in der Diskussion um bewaffnete Drohnen stelle sich auch die Frage, wer man sein wolle. Es helfe nichts, mutig zu sein und für etwas einzustehen, wenn die Ausrüstung nicht funktioniere.
"Europa ist die Antwort auf viele Fragen"
Auch das Thema Europa nahmen die beiden Gäste ins Visier. "Europa ist die Antwort auf viele Fragen", betonte Koob. Allerdings sei die Übernahme von Schulden und die Entlassung aus der Eigenverantwortung aus Sicht der CDU eine falsch verstandene Solidarität. Deshalb habe die Union kein Interesse daran, an den Schulden anderer Länder zu partizipieren. Und auch über diesen Weg, das betonten die beiden Politiker deutlich, werde am 26. September zur Bundestagswahl entschieden.
Flankiert von Zwischenrufen, mal Applaus, mal offen bekundete andere Meinungen, bewiesen die zwei Unions-Männer aber vor allem Professionalität, selbst bei Reizthemen.
Eines machte Bouffier - mit Blick auf anwesende Querdenker - dann aber auch ganz deutlich. Dass er sich nicht nur mit den Fragen der Menschen beschäftige, sondern deren Anliegen ernst nehme und das zu jeder Zeit, "aber wir sind nicht die Fußabtreter".
Dass es in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern immer noch die Meinungsfreiheit gebe, beweise die Tatsache, dass auch andere Meinungen an diesem Abend zu Wort kommen durften. Selbst, wenn da kein Konsens erreicht werden konnte. Tatjana Seibt

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