Drastische Worte beim Empfang
Neu-Anspach. Klimaforscher Dr. Joachim Curtius heizt mit düsteren Aussichten den Gästen ordentlich ein.

Klimaforscher Professor Dr. Joachim Curtius brachte düstere Voraussagen für 2019 und weit darüber hinaus zum CDU-Neujahrsempfang mit. Wenn jetzt nicht gehandelt werde, werde der Jenga-Turm des Klimas früher oder später zusammenbrechen.
"Wir sind weit davon entfernt unsere eigenen Vorgaben zu erfüllen, wir sollten uns eigentlich schämen", sagte Professor Dr. Joachim Curtius und setzte einem unbeschwerten optimistischen Blick ins neue Jahr, aber vor allem darüber hinaus, mahnende Worte entgegen. Dem moralischen Zeigefinger legte er allerdings starke Fakten zugrunde, die den Besuchern des CDU-Neujahrsempfangs umso deutlicher den Ernst der Situation klarmachten: Wenn jetzt nichts passiert, dann wird es in einigen Regionen der Welt, beispielsweise um den Persischen Golf, so heiß sein, dass kein Mensch eine halbe Stunde den Bedingungen von 60 Grad Celsius und einer Luftfeuchte von 34 Grad ausgesetzt, überleben kann.

Indien wäre nicht viel besser dran und viele Millionen Menschen würden entweder zu Opfern oder gezwungen, in kürzester Zeit die Region zu verlassen. Solche und noch mehr drastische Bilder zeichnete der Wissenschaftler des Instituts für Atmosphäre und Umwelt der Goethe-Universität Frankfurt.

Weniger drastisch aber umso aussagekräftiger waren die Zahlen und Modelle, die er anhand von Kurven und Tabellen vorstellte und die Besucher aufhorchen ließen: "Ich fühle mich zwar durch Medien gut informiert, aber in dieser Form habe ich das noch nie gehört", sagte die stellvertretende Vorsitzende des Ortsverbandes, Corinna Bosch, bei ihren anschließenden Dankesworten an den Referenten.

Die Zahlen und Fakten, die Curtius präsentierte, gaben den Stand der Klimaforschung wieder und der lässt nicht den geringsten Zweifel daran, dass die verheerende Entwicklung auf den Menschen zurückgeht. Die CO2-Zunahme in der Atmosphäre sei eines der Hauptprobleme und noch nie in der für Menschen relevanten Zeit so hoch gewesen, was Eisbohrkerne eindeutig belegen würden.

Europa und die USA trügen dabei die Hauptlast der Entwicklung, auch wenn China zu den Hauptproduzenten des Treibhausgases zähle, denn man müsse die Zahlen konsumorientiert interpretieren.

Die Kohlendioxidproduktion liege in Deutschland pro Kopf höher als im europäischen Durchschnitt: "Es ist so, als ob Sie jeden Tag 27 Kilo Müll rausbringen würden", erklärte der Wissenschaftler erneut sehr bildhaft. Hessen habe zwar eine Reduktion hinbekommen, aber die werde durch die Flüge wieder zunichte gemacht.

Die weltweit und in Deutschland gesteckten Klimaziele seien schon längst nicht mehr realistisch. Im Gegenteil, das Problem werde größer, die CO2 Produktion steige und ein weiterer Temperaturanstieg sei mit den gegenwärtigen Maßnahmen nicht zu verhindern.

Deutschland habe 2 Grad Steigerung der Durchschnittstemperatur bereits erreicht, und das mit weiteren Folgen. So sei das Jahr 2018 das trockenste Jahr seit 138 Jahren gewesen, und Hochrechnungen sagten für deutsche Städte Temperaturen von 12 Grad im Jahresdurchschnitt voraus, was heute für Städte wie Bordeaux oder Mailand gelte.

Hauptverursacher sei die Nutzung fossiler Energieträger, allen voran die Braunkohle, gefolgt von Steinkohle und Erdöl und damit an erster Stelle verantwortlich sei die Energiewirtschaft, gefolgt von Industrie, Verkehr und Landwirtschaft.

Vieles, aber nicht alles könne man vorhersagen, so sei es schwer vorauszusagen, wo sich welche Klimaextreme einstellen würden. Auch dazu hatte Curtius ein drastisches Bild: "Es ist wie beim Jenga-Turm, man kann hier und da Steine herausziehen, irgendwann bricht alles zusammen".

Eine gute Nachricht hatte er dennoch: Die regenerativen Energiequellen seien weltweit auf dem Vormarsch und Wind- sowie Solarstrom inzwischen auch wirtschaftlich. Gerade die reichen Länder müssten aber mehr tun und dazu auch strengere Regeln einführen und zwar sofort. Wenn die Rauchmelder im Haus anschlügen können man auch nicht erst eine Eigentümerversammlung einberufen", so seine mahnenden Worte.

Uwe Kraft, Vorsitzender der gastgebenden CDU erklärte, dass man diesmal mit der Einladung eines Wissenschaftlers statt eines Politikers einen neuen Weg gehen wollte. Der heiße Sommer habe dazu auch Anlass gegeben. Der neue Weg hinterließ allerdings nachdenkliche Gäste.

Taunus Zeitung vom 21.01.2019, Frank Saltenberger

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