Stadtverordnetenversammlung, 05.12.2019

Es gilt das gesprochene Wort.

Stellungnahme der CDU-Fraktion zu den Haushaltsplänen 2020 und 2021

Sehr geehrter Herr Parlamentsvorsitzender, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen,

„die Wende ist geschafft“, so war es vor einiger Zeit auf einer Hochglanzbroschüre der B-Now zu lesen.
Stimmt, man kann zusehen, wie die städtische Finanzlage von Jahr zu Jahr dramatischer wird.
In diesem Jahr legt der Bürgermeister einen Doppelhaushalt zur Beratung vor. Und das, obwohl er angetreten ist mit dem Ziel, für mehr Transparenz zu sorgen. Es wird Planungssicherheit vorgegaukelt, wo sie angesichts der derzeitigen Entwicklungen in Gesellschaft, bei den Zinsen und Steuern nicht sein kann – und das gleich über zwei Jahre!
Unser Antrag, nur über den Haushalt 2020 zu beraten wurde, wie die meisten unserer Anträge mit den Stimmen der B-Now, SPD und NBL mit 5/6/0 abgelehnt.
Zugegeben, die oben genannten Entwicklungen sind nicht „stadtgemacht“, andere jedoch schon und die wiegen viel schwerer, weil sie Versäumnisse des Bürgermeisters in der Planung aufzeigen.
So suggerieren die Planungen für den Grundsteuer B-Hebesatz mit Generationenbeitrag eine sichere Haushaltsplanung, aber schon die in diesem Jahr erforderliche Gewerbesteuerrückzahlung in Höhe von 1,8 Mio€ verschlechtert die Ausgangslage für den Start in das Jahr 2020.

Der Vertrag zur Hessenkasse schreibt vor, dass das ordentliche Ergebnis nicht nur ausgeglichen sein muss, sondern ein Überschuss erwirtschaftet werden muss, um die Kredittilgung aus der laufenden Verwaltungstätigkeit decken zu können. Darüber hinaus muss ein Liquiditätspuffer in Höhe von 2% der laufenden Verwaltungsauszahlungen aufgebaut werden.
Weit gefehlt! Stattdessen werden die gerade durch die Hessenkasse übernommenen Kassenkredite wieder auf die stolze Höhe von 8,2 Mio€ heraufgesetzt – ein völlig unzulässiges Instrument der Finanzierung städtischen Handelns, wenn diese Liquiditätskredite nicht zum Jahresende abgebaut werden können.
Darüber hinaus dürfen Kredite nur für unaufschiebbare und pflichtige Investitionen aufgenommen werden, um die Forderung zu erfüllen, „keine Nettoneuverschuldung“ zu erzeugen. Aber auch das ficht den Bürgermeister und seine Regierungskoalition nicht an.
Um die Hessenkasse zu bedienen, müssen jedoch nur ca. 360 T€ jährlich im Verwaltungshaushalt erwirtschaftet werden. Es ist allerdings geplant, in den Jahren 2020 und 2021 jeweils mehr als 2 Mio€ an Krediten aufzunehmen, um die Tilgung der Investitionskredite zu sichern, was dann jedoch zu einem Anstieg der Gesamtverschuldung führt. Diese wird trotz den Erleichterungen aus der Übernahme der Kassenkredite durch die Hessenkasse im Jahr 2020 auf über 35 Mio€ ansteigen und in 2021 auf über 36 Mio€.

Die Wende ist geschafft!

Oder sollte man besser sagen: „Denn sie wissen nicht, was sie tun?“
Wie kann es angehen, dass ein Haushalt – auch noch für zwei Jahre – beraten werden soll und von Teilen des Parlamentes, namentlich von B-Now, SPD und NBL, auch noch gelobt wird, wenn wesentliche Informationen schlicht nicht zur Verfügung stehen. Und die sind allesamt hausgemacht!
- Die Verträge zur Kostenerstattung für die Betreuung wohnortfremder Kinder wurden nicht rechtzeitig gekündigt. Der Beschluss dazu wurde bereits am 19.12.2017 einstimmig im Parlament gefasst. Jetzt, zwei Jahre später ist immer noch nichts passiert, was eine Unsicherheit im HH in Höhe von € 100.000 entstehen lässt.
- Die Friedhofsgebührenkalkulation steht seit zwei Jahren aus und auf die Frage des Bürgermeisters an den Kämmerer, ob die geplanten Einnahmen kostendeckend seien, musste dieser wahrheitsgemäß antworten, dass er das angesichts der fehlenden Kalkulation nicht wisse. Die nächste Planungsunsicherheit. Im Übrigen: Allein die Tatsache, dass der Bürgermeister hier nicht Bescheid weiß, ist ein Armutszeugnis.
- Der Waldwirtschaftsplan liegt nicht vor. So stehen im Haushaltsplan zwar für beide Jahre Erträge (und Aufwendungen), aber „kalkuliert sind sie nicht“, mussten wir erfahren – meine Damen und Herren, was soll das denn?
Angesichts der schwierigen Situation, in der sich der Wald aufgrund der Trockenheit und des Borkenkäferbefalls befindet, ist es unerlässlich, nach bestem Wissen und Gewissen und nach den Regeln des sparsamen und vorsichtigen Kaufmanns zu kalkulieren, auch, um rechtzeitig auf ein mögliches Defizit reagieren zu können.
- Die Gelder aus der Heimatumlage (derzeit pro Jahr ca 120.000 €) hätte der Bürgermeister am Liebsten in den Haushalt allgemein eingepreist, obwohl überall zu erfahren war, dass sie hauptsächlich zweckgebunden für den Bereich Kinderbetreuung vorgesehen sind.
- Dann gibt es da noch die Gerüchte, dass aus den Verträgen mit der Kirche in Sachen „evangelische Kindergärten“ Rückzahlungen im Raum stehen. Die Haushaltspläne der Kirche liegen auch noch nicht vor, so dass hier eine weitere Planungsunsicherheit existiert.

  • Zu guter Letzt: Trotz Kreditaufnahmen in beiden Haushaltsjahren lässt der Bürgermeister in den Haushalt schreiben: „Es wurden keine Zinsen für neu aufzunehmende Darlehen eingerechnet“.
    Allein durch die Kreditaufnahme ist der Haushaltsplan gemäß der §§ 97a und 105 (HGO) in Verbindung mit der Darlehensübernahme durch die Hessenkasse (§§ 7 und 9 des Hessenkasse-Gesetzes) unzulässig!

Und dann platzt mitten in die Haushaltsberatungen ein Zeitungsartikel. Demnach wurden die Mittel, die die Fachbereiche für die Haushalte anmeldeten, ohne Rücksprache vom Bürgermeister verändert, so dass der Haushalt hinterher ausgeglichen ist. Erträge wurden offenbar herauf- und Aufwendungen herabgesetzt. Die Seriosität des Haushaltsplans muss damit endgültig in Zweifel gezogen werden und die Fachkompetenz der einzelnen Abteilungen wird vom Bürgermeister negiert. Was die Haushaltswahrheit und -Klarheit angeht, verzichte ich daher in meiner heutigen Wertung des vorgelegten Doppelhaushalts in Bezug auf diesen Brief auf jeden Kommentar. Dazu werden wir sicher in Zukunft - leider - noch Gelegenheit haben und diese auch nutzen

Die Regierungskoalition ist da nicht besser!
Sie, Herr Töpperwien, geben doch vor, mit konkreten Leistungs- und Finanzzielen sowie geeigneten Kriterien zur unterjährigen Beurteilung der Zielerreichung zielorientiert steuern zu wollen.
Wo sind dann die gemäß den §§ 4 und 10 der GemHVO mit zugehörigem Hinweis-Erlass geforderten produktorientierten Ziele und Kennzahlen zur Beurteilung der Zielerreichung?
Anscheinend unter Bürgermeister Pauli nicht mehr wichtig. Glaubwürdigkeit und Transparenz sehen anders aus!
Bevor Sie jetzt zu einer Erwiderung ansetzen, ich habe frei aus dem B-Now-Antrag Vorlage Nr. 305/2016 zitiert.
Den zweiten Antrag zur selben Sitzung, die Vorlage Nr. 306/2016, in dem es um die verbesserte Überwachung der Haushaltsentwicklung mit entsprechendem Frühwarnsystem ging, haben Sie bis heute nicht wieder in den HFA eingebracht, wie es damals beschlossen wurde. Klar, es ist schwierig, wenn man auf der Regierungsbank sitzt.
Ganz im Gegenteil werden die regelmäßigen Berichte zum Haushaltsvollzug von Ihnen – in der Regel ohne wesentlichen Wortbeitrag – zur Kenntnis genommen und die NBL behauptet sogar, dass man da – gemeint sind die Zahlen – sowieso nichts machen könne und wir sollten doch endlich die Kenntnisnahme beschließen.

Hatten wir im vergangenen Jahr noch gefragt, „wie seriös ist die vorgelegte Haushaltsplanung wirklich?“, müssen wir dem Bürgermeister in diesem Jahr bescheinigen, dass er eine völlig unseriöse Haushaltsplanung vorgelegt hat!

Zu guter Letzt wollte der HFA-Vorsitzende noch ein HH-Sicherungskonzept ohne jegliche Zahlen und Terminsetzungen beschließen lassen – meine Damen und Herren, das ist erbärmlich!
Es muss sehr zu denken geben, wenn vom Kämmerer zu hören ist, dass bereits im März 2020 die erneute Zahlungsunfähigkeit und ohne konkrete Einsparungen eine erforderliche Steuererhöhung von 100 Punkten droht.

Die CDU-Fraktion wird sich daher aus den vorgenannten Gründen bei der Abstimmung zum vorliegenden Haushaltsplan in allen Punkten GEGEN den HH-Entwurf für die Jahre 2020 und 2021 aussprechen.
Gerne übernehmen wir Verantwortung für die Stadt und so befürworten wir ausdrücklich die Schaffung der von uns mit beantragten Stelle für den Gerätewart der freiwilligen Feuerwehr, aber für dieses Zahlenwerk lehnen wir jegliche Verantwortung ab!

Dennoch ist es uns ein Anliegen, uns bei den Verwaltungsmitarbeitern, im Besonderen bei den Mitarbeitern der Kämmerei für Ihre sachkundige und kompetente Arbeit zu bedanken.

Ihnen allen wünsche ich eine geruhsame Adventszeit, ein besinnliches, gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Start in ein hoffentlich gesundes, friedliches neues Jahr.

Ulrike Bolz (für die CDU-Fraktion)

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