„Ich werde die Taler zusammenhalten“ ''

Taunuszeitung vom 27.5.23

Vor zwei Wochen ist Birger Strutz (CDU) vereidigt worden, denn am 1. Juli übernimmt er in Neu-Anspach als Nachfolger von Thomas Pauli (SPD) das Amt des Bürgermeisters. Derzeit ist der Hausen-Arnsbacher dabei, den Übergang bei Optiserv, einem Unternehmen für Krankenhaus-Logistik, in dem er als Geschäftsführer tätig ist, zu regeln. Reporterin Anja Petter spricht mit dem 51-Jährigen über den Abschied von Hofheim-Wallau, die Freude auf den Neuanfang und seine Pläne als Rathauschef.
Herr Strutz, wenn man mit Ihnen hier durch die Hallen geht, dann spürt man sofort: Es liegt Ihnen sehr viel an dem Unternehmen, das Sie vor 19 Jahren aufgebaut haben. Wie schwer fällt Ihnen der Abschied?
Gerade habe ich erfahren, dass meine Mitarbeiter eine Abschiedsfeier für mich planen. Als ich den Entwurf für die Einladung gelesen habe, musste ich schon mal schlucken. Aber die Vorfreude auf meine neue Aufgabe ist größer.
Sie haben gesagt, dass Sie Gesellschafter bei Optiserv bleiben. Inwieweit werden Sie auf die Geschicke des Unternehmens weiter Einfluss nehmen?
Christian Rath, mit dem ich bereits seit 19 Jahren zusammenarbeite, werden wir zum Geschäftsführer berufen. Wir haben die Firma gemeinsam aufgebaut, aber jetzt wird er freie Hand haben. Braucht er einen Rat, bekommt er ihn natürlich, aber ansonsten bekomme ich - genauso wie die anderen Gesellschafter - in regelmäßigen Abständen die Unternehmenszahlen.
Und wenn die nicht stimmen?
Dann nehme ich Einfluss und schaue, woher es kommt. Bei Investitionen sind die Gesellschafter auch involviert.
Haben Sie mal überlegt, Ihre Anteile an Optiserv zu verkaufen?
Nein, das ist wie mein Baby, und das verkauft man nicht.
Bei unserem Rundgang haben Sie gesagt, dass Sie ein vorsichtiger Kaufmann sind. Gilt das künftig auch für Ihre Arbeit im Rathaus?
Meine Vorgehensweise wird dort nicht anders sein, ich werde die Taler auch hier zusammenhalten. Die Stadt muss zwar investieren, sonst steht sie still, aber bei Projekten gilt es, die Folgekosten im Blick zu behalten. Das mache ich hier nicht anders. Hier diskutiere und kämpfe ich um jede Position zum Wohle des Unternehmens. Und das muss in Neu-Anspach genauso geschehen, denn hier ist es immer Steuergeld, also das Geld der Bürger, das wir ausgeben. Zudem wird der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst teuer für die Stadt.
Ist eine Senkung der Grundsteuer - wie von Ihnen im Wahlkampf angekündigt - da überhaupt noch drin?
Ich stehe dazu. Sobald es der Haushalt zulässt, wird die Grundsteuer gesenkt. Das ist eines meiner größten Ziele, auch wenn ich noch nicht sagen kann, wann es realistisch ist - angesichts der gestiegenen Energiekosten und der Lohnsteigerungen.
Wie wollen Sie die Erhöhung der Gehälter auffangen?
Das weiß ich noch nicht. Ich habe noch einen Termin in der Kämmerei. Hier werde ich mich mit den Spezialisten austauschen.
Eine Kommune ist aber schon etwas anderes als ein Unternehmen . . .
Vor allem habe ich als Geschäftsführer eines Unternehmens viel mehr Spielraum denn als Bürgermeister. Ich bin mal gefragt worden, ob ich Macht haben will. Da habe ich geantwortet, dass meine Macht als Bürgermeister sehr beschränkt ist und ich vor allem sehen muss, dass die Verwaltung läuft. Ich werde mich in engem Austausch mit den Stadtverordneten befinden und zusehen, dass ich gute Vorlagen und Ideen aus dem Rathaus in der Politik durchbringe. In erster Linie wird es also viel Arbeit.
Sie haben immer gesagt, dass Ihnen das Gewerbe besonders wichtig ist. Haben Sie schon mit Adam Hall, Gudeco sowie Jäger + Höser, die gemeinsam das Gewerbegebiet Wenzenholz erschließen wollen und sich zuletzt über die Zusammenarbeit mit dem Rathaus beklagt hatten, das Gespräch gesucht?
Ja, schon vor meiner Wahl, und auch bei einem Termin im Rathaus bin ich dabei gewesen. Künftig wird es regelmäßig einen Jour fixe zwischen Bauamt und dem Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft, Josef Homm, geben. Es ist wichtig, das Vertrauen wieder aufzubauen. Ich lege eine andere Geschwindigkeit an den Tag, und ich stehe dahinter.
Welche Veränderungen planen Sie noch in der Verwaltung?
Auch dort werde ich vieles hinterfragen, aber zunächst muss ich mich erst einmal einarbeiten und mir einen Überblick über die Leistungsbereiche verschaffen. Ich denke, dass hier Optimierungsbedarf ist. Mitte Juni möchte ich richtig einsteigen. Das muss ich aber noch mit Thomas Pauli besprechen. Auch würde ich gerne vorher schon einmal an einer Magistratssitzung teilnehmen, um den Ablauf kennenzulernen. Mir ist es sehr wichtig, die Mitarbeiter bei allem mit einzubeziehen. Sie haben das viel größere Know-how. Im Moment bin ich dabei, mit allen Fachbereichsleitern zu sprechen. Sie müssen wissen, wie ich ticke.
Und wie ticken Sie?
Ich bin sehr sozial, und mir ist es wichtig, allen Mitarbeitern Wertschätzung entgegenzubringen. Mich interessiert, wie es ihnen geht oder wo ihnen der Schuh drückt. Hier in meinem Unternehmen begrüße ich jeden persönlich.
Wie sind die Gespräche mit den Amtsleitern gelaufen?
Ich wurde zu Willkommensgesprächen eingeladen, woraus ich zunächst einmal schließe, dass ich willkommen bin. Alle gehen sehr positiv auf mich zu, und das Interesse ist groß. Fest steht: Ich werde ganz anders arbeiten. Mit Förster Christoph Waehlert habe ich zum Beispiel einen ganzen Tag verbracht, um die Ausmaße des Waldes zu begreifen, und das war ganz toll. Ich will grundsätzlich sehen und verstehen und mir Dinge nicht nur auf dem Papier angucken.
Vor zwei Wochen war Ihre Amtseinführung. Wie haben Sie den Abend erlebt?
Es war ein sehr bewegender Moment, als ich den Amtseid abgelegt habe. Sehr würdevoll und feierlich. Auch habe ich viel positive Resonanz bekommen.
Einen Abend später waren Sie bei der Feuerwehr in Rod am Berg, die ums Überleben kämpft und keinen Wehrführer mehr hat. Wie wollen Sie dieses Problem lösen?
Reden, reden, reden. Kümmern, kümmern, kümmern. Ich werde den Kameraden zeigen, dass ich an ihrer Seite stehe, und ich werde sie moralisch unterstützen. Ich bin zuversichtlich, dass dort jemand die Führung übernehmen wird und dass es weitergeht.
Sie werden ab 1. Juli auch abseits der politischen Termine viel unterwegs sein. Jahreshauptversammlungen, Geburtstage, Vereinsfeiern . . .
Da freue ich mich sehr drauf, denn das macht den Job auch aus. Ein Bürgermeister muss gesehen werden.
Den Fraktionsvorsitz in der CDU haben Sie bereits abgegeben, ihr Mandat legen Sie zum Monatsende nieder. Die CDU stellt nun den Bürgermeister, ist stärkste Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung und besitzt mit ihren Partnern von Grünen und FWG-UBN die Mehrheit. Da ist die Bringschuld groß . . .
Das ist sehr erquickend, und alle freuen sich auf die Arbeit, denn Ideen haben nun eine gute Chance auf Umsetzung. Eine Koalition, die alles durchsetzt, wollen wir trotzdem nicht schmieden, denn ein buntes Abstimmungsbild ist gut für die Stadt.
Die Zusammenarbeit im Parlament hat sich zwar verbessert, aber es ist noch Luft nach oben. Was wollen Sie für eine weitere Entspannung tun?
Wir sind auf einem guten Weg. Ich werde die Gespräche mit allen Fraktionschefs forcieren. Ich bin hoch kommunikativ und werde versuchen, sie bei Projekten mit ins Boot zu holen.
Auseinandersetzungen gibt es häufig bei Bauprojekten, wo SPD, Grüne und b-now größere Bauten befürworten als CDU, FWG-UBN und NBL. Wie sehen Sie das?
Ich bin nicht gegen Großprojekte, und ich habe auch Verständnis dafür, dass Investoren Geld verdienen wollen, aber die Häuser müssen auch dorthin passen, wo sie entstehen. Wir müssen ein Auge darauf haben, dass es harmoniert. Die Mehrfamilienhäuser in der Saalburgstraße sind sehr mächtig, aber wir werden uns wohl daran gewöhnen müssen.
Was sagen Sie zu den Plänen für das Hochtaunusstift-Gelände?
Das Projekt befindet sich ja schon gegenüber einer modernen Anlage und dem „weißen Riesen“. Auch hier müssen wir abwägen, was hinpasst. Und vor allem müssen wir den Bedarf der Stadt an Pflegeplätzen und betreutem Wohnen berücksichtigen. Gut fände ich es, dort ein Gesundheitszentrum mit Ärzten und beispielsweise einem Sanitätshaus zu etablieren. So, wie es jetzt vorgelegt wurde, ist es aber zu groß.
Sicher wird es auch über die Neue Mitte, für die derzeit ein Architektenwettbewerb läuft, noch viele Diskussionen geben. Wie haben Ihnen die Wettbewerbsbeiträge gefallen?
Ich finde, hier haben die Architekten vorher zu wenig an die Hand bekommen, so dass jeder einfach drauflos geplant hat. Eine Belebung durch Cafés und Geschäfte ist natürlich wichtig, aber zu viele und zu große Ladenflächen produzieren Leerstand. Unsere Einzelhändler haben jetzt schon zu kämpfen. Parkplätze sind wichtig und vor allem ein Ort, an dem die Menschen entspannen können. Skeptisch bin ich, wenn wir dort Senioren-Wohnen etablieren, denn dann darf es nicht zu laut sein. Und: Am Ende brauchen wir Investoren, die all das verwirklichen.
Zum Schluss noch eine beliebte Frage für einen künftigen Rathauschef: Welches sind die Dinge, die Sie als Erstes angehen möchten?
Das Erste wird die Organisation der für das nächste Jahr geplanten 750-Jahr-Feier von Anspach und Westerfeld sein. Da sind wir eigentlich schon viel zu spät dran. Sehr wichtig sind mir außerdem das Altenzentrum am Edeka-Markt und die Sanierung des Waldschwimmbades. Für dieses Jahr ist also genug zu tun.

Birger Strutz (CDU) legt Amtseid als Bürgermeister ab - Antritt am 1. Juli

VON ALEXANDER SCHNEIDER

Birger Strutz tritt sein Amt zwar erst am 1. Juli an, mit seiner Ernennung zum neuen Bürgermeister durch Parlamentsvorsteher Holger Bellino und den noch amtierenden Rathauschef Thomas Pauli in der festlichen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag ist der Wechsel aber schon einmal offiziell vollzogen.
Der eine noch, der andere noch nicht im Amt - Neu-Anspach hat seit Donnerstagabend, 21.22 Uhr, gewissermaßen zwei Bürgermeister. Birger Strutz (CDU), der die Bürgermeisterstichwahl am 26. März mit einem Stimmenanteil von 54 Prozent gegen Amtsinhaber Thomas Pauli (SPD) gewonnen hatte, legte exakt zu diesem Zeitpunkt im Anspacher Bürgerhaus vor Stadtverordnetenvorsteher Holger Bellino (CDU) den Amtseid auf die hessische Verfassung ab. Allerdings nimmt er seine Arbeit im Rathaus erst am 1. Juli, auf. Noch-Bürgermeister Thomas Pauli (SPD) verlas die Ernennungsurkunde und verpflichtete seinen Nachfolger mit einem festen Händedruck zu deren Erfüllung.
Intensive Vorbereitung
Die Zeit bis zur „Schlüsselübergabe“ wolle er zur intensiven Vorbereitung auf dieses herausfordernde Amt, das er mit großer Vorfreude, aber auch mit Demut und Respekt annehme, nutzen, sagte Strutz. In einer emotional gefärbten Antrittsrede bezeichnete der geborene Rüganer, Karl Jaspers zitierend, Neu-Anspach als seine Heimat, für die er sich mit aller Kraft einsetzen wolle: „Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde.“
Er wolle ein Bürgermeister für alle Bürger aller vier Stadtteile werden, wisse aber auch, dass er es mit seinen Entscheidungen, die er im Diskurs mit seinen Mitarbeitern, dem Magistrat, dem Stadtparlament und den Bürgern treffen wolle, wohl nie allen recht machen kann. Neu-Anspach zukunftsfest zu machen, könne nur im Mit- und nie im Gegeneinander klappen. Strutz dankte Pauli für alles, was er für die Stadt getan habe, aber auch für die fair verlaufende Interimszeit. Er beendete seine Rede mit Kennedy: „Wann, wenn nicht jetzt, wo, wenn nicht hier, wer, wenn nicht wir.“
Vor dem feierlichen Akt dankte Parlamentschef Bellino Strutz, Pauli, aber auch Gerd Hillen (parteilos) dafür, dass sie mit ihrer Kandidatur ihre Bereitschaft gezeigt hätten, Neu-Anspach in die Zukunft zu führen und damit auch ihr Scheitern riskiert hätten. Das sei ein Zeichen für gelebte Demokratie und heute leider nicht mehr selbstverständlich, so Bellino.
In der Folge konnte Birger Strutz viele Glückwünsche entgegennehmen. Jürgen Dieter, Direktor des Hessischen Städtetages, riet ihm, es besser gar nicht erst zu versuchen, allen alles recht zu machen, häufig gehe das nämlich schief. Das Amt bringe es nun mal mit sich, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen.
Mit Notizblock einkaufen gehen
Johannes Heger, Geschäftsführer des Hessischen Städte- und Gemeindebundes, prophezeite Strutz, dass sich jetzt einiges in seinem privaten Umfeld ändern werde. So werde er niemals mehr ohne Notizblock einkaufen können. Auch müsse er damit rechnen, dass nachts um halb drei das Telefon klingelt und ihm mitgeteilt wird, dass in eines Bürgers Keller Wasser steht, die Feuerwehr schon da ist, er als Bürgermeister das aber wissen müsse.
Erster Kreisbeigeordneter Thorsten Schorr (CDU), der mit Sozialdezernentin Katrin Hechler (SPD) und Kreistagspräsident Renzo Sechi (FW) zur Feier gekommen war, überbrachte die Glückwünsche der Kreisspitze und einen grünen, wasserdichten, stabilen Naturpark Taunus-Rucksack mit vielen Taschen für alles, was ein Bürgermeister im Dienst bei sich haben sollte. Wenigstens habe der Rucksack einen „schwarzen Boden“, frotzelte von hinten Parlamentschef Bellino.
Locker auch der Auftritt von Usingens Bürgermeister Steffen Wernard (CDU), der für alle anderen Hochtaunus-Rathauschefs gratulierte, Strutz der Unterstützung der Kollegen versicherte und eine „Überlebenskiste“ überreichte. Darin nützliche Utensilien für alle Fälle, Traubenzucker für leere Akkus, Taschentücher für den Fall, dass er mal die Nase voll habe, ein Brillenputztuch für den Durchblick und ein Würfelbecher. Wernard sagte, er hoffe, dass die gute Interkommunale Zusammenarbeit zwischen Usingen und Neu-Anspach mit Strutz fortgesetzt wird. Dem scheidenden Bürgermeister Pauli dankte er für das gute Verhältnis miteinander und viele gute, gemeinsame Entscheidungen. Natürlich sei man unter Christdemokraten über den Ausgang der Wahl erfreut, es sei aber ein sehr fairer und intensiver Wahlkampf gewesen, in dem sich einmal mehr gezeigt habe, dass es sich lohne, um jede Stimme zu kämpfen.
Freundschaftliche Worte ganz zum Schluss und kurz vor dem Häppchen-Empfang gab es für Birger Strutz auch der neuen CDU-Fraktionschefin Ulrike Bolz. Sie überreichte Strutz einen Besen, nicht weil neue Besen gut kehren, sondern damit er sich ständig daran erinnere, was alles zu tun sei. Bolz dankte auch Thomas Pauli, mit dem man trotz manch unterschiedlicher Auffassungen immer habe reden können.

Birger Strutz mit 54 % zum Bürgermeister gewählt!

Herzlichen Glückwunsch!
53,96 Prozent der Wähler haben entschieden – Birger Strutz wird neuer Bürgermeister von Neu-Anspach. In der Stichwahl gegen den Amtsinhaber Thomas Pauli holte er 53,96 Prozent. Der gemeinsame Kandidat von CDU, FWG und GRÜNEN bestätigte damit den Trend des ersten Wahlgangs vom 12. März, bei dem er mit 45,36 Prozent bereits die meisten Stimmen auf sich vereinte. Die Wahlbeteiligung lag diesmal bei 47,5 Prozent.
„Ich danke für das Vertrauen. Und ein großes Dankeschön an das Team. Wir haben das alles gemeinsam geschafft“, strahlte der Sieger am Sonntagabend im Kreis seiner Unterstützer. Zu den ersten Gratulanten zählten Stadtverordneten-Vorsteher Holger Bellino, Landrat Ulrich Krebs, der Bundestagsabgeordnete Markus Koob sowie von den Unterstützer-Fraktionen Karin Birk-Lemper (FWG) und Regina Schirner und Cornelia Scheer (GRÜNE). Der 51-jährige Strutz tritt das Amt am 1. Juli an: „Ich freue mich darauf, Neu-Anspach zu gestalten“.



Strutz übernimmt Rathaus-Spitze

NEU-ANSPACH - CDU-Politiker liegt mit 54 Prozent vor Bürgermeister Pauli (SPD)
VON ANJA PETTER
Birger Strutz hat ab 1. Juli einen neuen Job, den des Bürgermeisters. Mit ihm freut sich seine Lebensgefährtin Sandra Szensny.
Die Neu-Anspacher bekommen am 1. Juli einen neuen Bürgermeister. Herausforderer Birger Strutz (CDU) hat bei der gestrigen Stichwahl 54 Prozent der Stimmen erzielt. Amtsinhaber Thomas Pauli (SPD) lag bei 46 Prozent. Die Wahlbeteiligung war mit 47,5 Prozent diesmal sogar noch etwas schlechter als vor zwei Wochen, als 51 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben hatten.
Es war ein Abend, wie er spannender nicht hätte sein können. 60 Prozent für Strutz, 40 Prozent für Pauli, so tippten führende CDU-Politiker wie Stadtverordnetenvorsteher Holger Bellino und Stadtrat Jürgen Strempel kurz nach 18 Uhr, als die Wahllokale gerade geschlossen hatten, und lange sah es tatsächlich so aus, als könnten sie Recht behalten.
Um 18.20 Uhr lag nämlich das erste Ergebnis vor, und von da an ging es Schlag auf Schlag. Im Bürgerhaus (Vielphonraum) erreichte der CDU-Fraktionschef 56,7 Prozent, in Hausen-Arnsbach gar 76 Prozent. Hier erzielte Pauli nur 24,1 Prozent, doch das sollte sein schlechtestes Ergebnis bleiben. Auch der Bürgermeister konnte einzelne Wahlbezirke wie in der ARS (Aula) mit 54,1 Prozent und im Rathaus (Trauzimmer) mit 61,7 Prozent für sich entscheiden. Hier wiederum erhielt Strutz mit 38,4 Prozent die wenigsten Stimmen.
Ein fairer Wahlkampf
Sein Sieg allerdings war keine Minute gefährdet - auch wenn es gegen Ende immer spannender (und knapper) wurde. Es war 18.40 Uhr, als schließlich feststand: Strutz hat die Wahl gewonnen, lautes Klatschen ertönte und ihm Lebensgefährtin Sandra Szensny um den Hals fiel. Viel Zeit blieb dem Paar allerdings nicht, denn die Schlange der Gratulanten wurde immer länger.
Dazu gehörte bald schon Pauli, der den Abend wie immer im Kreise der Genossen in einem Nebenraum der Bürgerhaus-Gaststätte verbracht hatte und erst später in den großen Saal kam, wo zahlreiche Bürger den Wahlabend verfolgten. Genauso wie Strutz lobte auch er den fairen Wahlkampf, zeigte sich aber sehr enttäuscht über sein Ergebnis.
Er habe bis zum Schluss gekämpft, erklärte Pauli und dankte seinen Unterstützern und Wählern. „Aber meine Botschaft ist nicht rübergekommen.“ Er könne nicht sagen, woran es gelegen habe, sagte der 57-Jährige, allerdings habe er wohl die Stimmen der eher konservativen Wähler von Gerd Hillen (parteilos), der vor zwei Wochen unterlegen war, nicht bekommen. „Die Neu-Anspacher wollten zudem einen Wechsel.“
Überglücklich und ganz gelöst hingegen Strutz, nachdem er zahllose Hände - darunter auch die vieler künftiger Mitarbeiter - geschüttelt hatte. „Ich bin sehr erleichtert“, meinte der 51-Jährige und strahlte über das ganze Gesicht. Er habe ein knappes Ergebnis erwartet, sagte der künftige Rathauschef und meinte: „Der Fleiß der gesamten Mannschaft hat sich ausgezahlt.“ Zu seinem Erfolg habeauch beigetragen, dass er permanent bei den Menschen gewesen sei und einen „immensen Einsatz draußen“ geleistet habe, erklärte Strutz und versprach, dies auch künftig so halten zu wollen. Glücklich auch seine Lebensgefährtin, für die der Abend extrem aufregend war. „Ich bin glücklich“, meinte die 47-Jährige und dankte den Neu-Anspachern. „Jetzt wird alles gut.“
Diesmal war die Präsentation der Wahlergebnisse im Gegensatz zu der von vor zwei Wochen übrigens perfekt. Der Neu-Anspacher Wahlleiter Mathias Schnorr war selbst im Bürgerhaus zugegen, sorgte für die richtige Technik und führte professionell durch das Geschehen.
KOMMENTAR
Bürgermeisterwahl in Neu-AnspachBeachtliches Ergebnis
ANJA PETTER
60 Prozent hat Birger Strutz zwar nicht bekommen, wie einige CDU-Politiker vorher gehofft hatten, aber auch so kann der 51-Jährige mehr als stolz auf dieses beachtliche Ergebnis sein. Er hat als Herausforderer 400 Stimmen mehr bekommen als der Amtsinhaber, und das ist ausgesprochen respektabel.
Schließlich war der CDU-Fraktionschef zu Beginn des Wahlkampfes nur Menschen bekannt, die sich auch für Politik interessieren. Trotzdem hat er es mit Fleiß und großem Engagement geschafft, sich bekannt zu machen. „Ich gehe zu den Leuten“, hat er gesagt. Und diese haben es honoriert.
Ausruhen allerdings ist auch jetzt nicht, denn auf den Neuen warten ab 1. Juli viele Aufgaben. Er hat den Menschen versprochen, bezahlbaren Wohnraum zu fördern, für mehr Sicherheit zu sorgen und mehr für den Klimaschutz zu tun. Die Bürger in Hausen und Westerfeld erwarten Maßnahmen zum Hochwasserschutz, die Menschen in Rod am Berg, dass ihre Feuerwehr bestehen bleibt, und die Anspacher, dass nicht der ganze Stadtkern zugebaut wird.
Außerdem hat Strutz zugesagt, die Grundsteuer zu reduzieren. Dies allerdings setzt voraus, dass sich die finanzielle Situation der Kommune verbessert. Zwar ist die Lage nicht mehr so dramatisch wie vor ein paar Jahren, entspannt ist sie aber nicht.
Das alles geht nicht ohne das Parlament. Auch hier ist die Stimmung zwar besser geworden, aber sie ist noch ausbaufähig. Strutz muss jetzt das Gespräch mit allen Fraktionen suchen, sonst funktioniert es nicht. Und das auch mit den Unterstützern von Thomas Pauli, der b-now und natürlich der SPD, für die das gestern ein ganz bitterer Abend war.

Strutz (CDU) mit 45,36 Prozent vor Pauli (SPD)

Bürgermeister erzielt 41,70 Prozent - Hillen 12,94 Prozent - Stichwahl am 26. März