„Eine Blamage für die Stadt“
Opposition kritisiert Aufschiebung der finalen Haushaltsberatungen scharf / Grüne: Mehrheitsfraktionen stellen sich ihrer Verantwortung nicht

NEU-ANSPACH (hs/red). Die Opposition aus CDU, Grünen und FWG-UBN ist alles andere als zufrieden mit dem Verlauf der Haushaltsberatungen im Neu-Anspacher Haupt- und Finanzausschuss am Samstag. Die aktuelle Lage der Stadt sei eine Blamage, sagt etwa CDU-Politiker Holger Bellino. Die Grünen kritisieren SPD, B-NOW und NBL für ihre „Verweigerungshaltung“.
Neu-Anspach sei in der einzigartigen Situation, noch nicht einmal einen genehmigten Haushalt für 2020 zu haben, sagt Bellino. „Dieser wurde zwei Mal nachgebessert und drei Mal abgelehnt. Damit haben die Regierungsfraktionen die Quittung dafür erhalten, die Forderungen der Aufsichtsbehörde ignoriert zu haben“, so der CDU-Politiker. Diese habe festgestellt, dass in Neu-Anspach nicht sauber gearbeitet worden sei.
Und nun, 2021? „Das haben wir noch nie erlebt, dass die den Bürgermeister tragenden Fraktionen diesem den Haushaltsentwurf praktisch durch die Türe zurückschmeißen“, ärgert sich Bellino. Die zahlreichen Prüfanträge, die SPD, B-NOW und NBF eingereicht hätten, dienten nur dazu, die Verantwortung abzuschieben. „Es ist doch geradezu lachhaft, zum Beispiel von den Banken zu erwarten, dass sie uns Zinsen erlassen“, so der CDU-Politiker. Es habe nur noch die UNO gefehlt. Seine Fraktion hingegen sei gesprächsbereit gewesen und hätte konkrete Anträge eingebracht. „Wir können uns nicht aus der Verantwortung stehlen“, so Bellino.
Auch das Argument der Mehrheitsfraktionen, dass die Rahmenbedingungen für den Haushalt noch gar nicht klar seien, etwa, ob das Land Hessen die „schwarze Null“ für kommunale Haushalte aufhebt, will Bellino so nicht stehen lassen. „Dann können wir in ganzen Hessen in den kompletten Haushalts-Lockdown gehen. Man kann nicht immer auf das Land verweisen.“. Auch den Arbeitskreis Haushalt, den die Mehrheitsfraktionen ins Leben rufen wollen, kritisiert Bellino. „Das ist nach der Kommunalwahl im März 2021 sicher eine gute Idee. Aber nicht vorher. Die Wähler müssen wissen, welche Fraktion für welche Positionen steht.“
Auch die Grünen kritisieren den Verlauf der Sitzung am Samstag. „Wir waren bereit, hatten uns entsprechend vorbereitet, im Vorfeld noch einige Fragen gestellt und auch etliche Vorschläge und Anregungen im Gepäck. Bei der Festlegung der Tagesordnung zeichnete sich allerdings schnell ab, was dann auch eintreten sollte. Die Fraktionen der SPD, b-NOW und der NBF/NBL zogen sich aus der Verantwortung und beantragten, den Haushalt nicht abschließend zu beraten“, moniert die Fraktionsvorsitzende Regina Schirner. Der Gipfel seien die während der Sitzung vorgelegten Anträge gewesen – 25 für die Verwaltung arbeitsintensive Punkte. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die ohnehin durch die derzeitige Allgemeinsituation stark beanspruchte Verwaltung all diese Forderungen nicht bis zur Kommunalwahl 2021 leisten könne.
„Ist dies bewusst so gemacht worden? Um nicht als diejenigen dazustehen, die Geld von unseren Bürgern und/oder Leistungen reduzieren wollen“, fragt Schirner. Da helfe es auch nicht, später zähneknirschend zu bekunden, man könne den Haushalt 2021 doch in der ersten Sitzungsrunde im Februar, also noch kurz vor der Kommunalwahl beraten.
Ein weiterer negativer Höhepunkt sei die Missachtung des Parlaments, indem Änderungslisten erst auf eindringliche Nachfrage und im fortgeschrittenen Sitzungsverlauf vorgelegt worden seien. „So etwas gab es bei Haushaltsberatungen noch nie. Änderungslisten des Magistrats sind vor der Sitzung als Tischvorlage auszuhändigen, damit sie im weiteren Sitzungsverlauf mitberaten werden können“, so Schirner. Dies sei ein klares Zeichen dafür, dass eine Beratung nicht gewollt sei.
„Im vorgelegten Haushaltsentwurf gibt es sicherlich einige Punkte, in denen Einigkeit herbeigeführt werden könnte. Leider ist durch die mehrheitlich beschlossene Nichtberatung diese Möglichkeit verpasst worden“, so die Grüne Fraktionschefin. Auch sie kritisiert den nicht-öffentlichen „Arbeitskreis Haushalt“. „Nicht-öffentlich. Warum? Damit man sich keine Blöße gibt? Wo bleibt die immer geforderte Transparenz“, kritisiert Schirner. Der Antrag der Grünen, öffentlich zu tagen, sei abgelehnt worden. Die Fraktionsvorsitzende Regina Schirner dazu: „Auch wenn wir der Meinung sind, dass wir keinen zusätzlichen Arbeitskreis brauchen, so war uns klar, dass der Antrag mit der Forderung nach einem Arbeitskreis Haushalt mehrheitlich durchgehen würde. Wir konnten es deshalb nicht ungehindert durchgehen lassen, dass die Haushaltsberatungen künftig hinter verschlossenen Türen stattfinden sollen. Deshalb appellierten wir an die antragstellenden Fraktionen, diesen öffentlich tagen zu lassen.“
Im weiteren Sitzungsverlauf sei ein Punkt zur Abstimmung gestellt worden, der mit dem Haushaltsentwurf im Bereich „Kinder und Jugend“ hätte mitberaten werden müssen. Ein entsprechender Antrag sei jedoch von SPD, B-NOW und NBF/NBL abgelehnt worden. Ausschussmitglied Cornelia Scheer: „Unter der fadenscheinigen Überschrift ,Neukonzeption Jugendpflege‘ wurden mal eben von den drei bereits genannten Fraktionen die Gelder für den Betrieb des Jugendhauses und die Stunden für die Streetwork-Arbeit massiv gekürzt. Ja, sparen ist wichtig, aber hier die Arbeit des VzF dermaßen zu reduzieren, dass eine pädagogische Arbeit kaum noch möglich ist, stößt auf unser Unverständnis.“
Die Verweigerungshaltung, die SPD, B-NOW und NBL zeigten, sei nicht das, was die Neu-Anspacher Bürger von ihnen erwarten würden. „Diese realitätsferne Einstellung birgt die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit der Stadt ab März/April 2021, wenn bis dahin kein genehmigungsfähiger Haushalt vorliegt oder sogar einer Zwangsverwaltung. Damit würden dann sämtliche freiwilligen Leistungen gestrichen, wie zum Beispiel die Bücherei und das Schwimmbad, aber auch die Unterstützung der Sportvereine“, so die Grünen.

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